"Ich glaubte, dass mein Herz aussetzte. Dass es zerspringen würde, in tausendeinhundert Millionen Teile."
Ashley
In dieser Bonusszene verlassen wir Savanna Springs und drehen die Zeit zurück - zu einem Tag in Ashleys Leben, der alles verändert hat.
Achtung: Falls du All The Broken Pieces And You und All The Ugly Lies And Me noch nicht gelesen hast, besteht Spoilergefahr.
ASHLEY
Als wir die Treppe herunterkamen, stand Ian bereits an der Treppe.
»Du siehst toll aus«, sagte er zu mir, griff meine Hand und zog mich mit sich. Er hielt sie, während ich in meine Schuhe schlüpfte. Meine Mom warf einen Blick von der Küche in den Flur. »Ihr seid pünktlich um Mitternacht zurück«, sagte sie und musterte mich mit einem skeptischen Blick.
»Ich achte drauf, Penelope«, versprach Ian, »du weißt, auf mich kann man sich verlassen.«
Ich widerstand dem Drang, die Augen zu verdrehen, als sie nickte.
Für meine Mom war Ian nahezu der Inbegriff eines großen Bruders. Er tat, was Phil nicht tat. Sie vertraute ihm. Und er hatte schließlich noch nie enttäuscht – nicht wie ich, ihre Tochter.
Der bittere Beigeschmack blieb. Er kämpfte sich höher, doch ich weigerte mich, ihn zuzulassen. Heute Abend sollte es nicht um Mom gehen oder um unsere verkorkste Beziehung zueinander.
Es ging um mich.
Um den Winterball.
Um Ian.
Wir warteten nicht, bis Cody Tami abholte, sondern fuhren alleine zum Ball. Ich saß neben Ian in seinem Auto und knetete meine Hände.
»Nervös?«, fragte er. Seine Mundwinkel zuckten leicht.
»Nö«, log ich. Ja, schrie alles in mir, ja verdammt.
Er drehte an der Musikanlage, stellte einen Song ein, der uns beiden gefiel. »Es wird ein toller Abend«, erklärte er, weil er wusste, dass es mein allererstes Mal war, dass ich auf so einen Ball gehen konnte. Das ich es durfte. Bisher hatte Mom es nämlich nie zugelassen. Weil sie es für Verschwendung hielt – oder glaubte, ich würde mit siebzehn schwanger zu Hause auftauchen.
Nachdem Ian den Wagen vor der Schule zum Stehen gebracht hatte, kam er um den Wagen herum und hielt mir seine Hand entgegen. Durch die Kälte des Abends liefen wir Hand Richtung Sporthalle.
Als wir nebeneinander in ein mit weißem Glitzer überzogenen Raum traten, entwich mir ein Keuchen. Die gesamte Sporthalle sah vollkommen verändert aus. Überall lag Schnee, es glitzerte und sah einfach unglaublich aus.
Es sah einfach unglaublich alles.
»Gefällt dir, was?«
»Und wie!« Ian grinste sein schiefes Grinsen, dass mein Herz schon seit zwei Jahren wie wild schlagen ließ. Dabei streichelte er zärtlich über mein Handgelenk. »Dann lass uns dir was zu trinken holen und tanzen.«
Ehe ich etwas erwidern konnte, zog er mich mit sich. Erst zu der aufgebauten Bar, dann Richtung Tanzfläche.
Wir tranken und tanzten. Tanzten und tranken. Und obwohl ich währenddessen immer wieder nach Tami Ausschau hielt, konnte ich sie nirgends entdecken. Es waren einfach zu viele Leute hier. Oder, dachte ich, vielleicht ist sie mit Cody auch gar nicht erst aufgetaucht.
Nach drei Stunden, als meine Füße brannten und wir noch eine Stunde hatten, bis wir zuhause sein mussten, zog Ian mich an sich, so dicht, dass sein warmer Atem meine Wange streichelte und ein Schauer über meine Haut laufen lief. »Was hältst du davon, wenn wir noch was Essen fahren, bevor wir nach Hause müssen?«
Es klang gut.
Ich ließ mir von ihm meine Jacke umlegen und schwankte leicht, während ich zum Ausgang stöckelte.
»Ich glaube, ich bin ein bisschen betrunken ...« Ganz sicher hatte einer der Schüler Hochprozentigen in die Drinks von der Bar gekippt, wenn keiner hingesehen hatte. Doch das war egal. Alles fühlte sich einfach nur gut an.
Hier, mit Ian.
»Das glaub ich auch.« Er grinste. »Aber etwas zu essen wird helfen, komm.« Er hielt mir die Tür auf und ich schlüpfte auf den Beifahrersitz.
Wir fuhren ein Stück, bis einen Drive-in, wo wir es uns mit Burger und Shakes auf dem Parkplatz im Auto bequem machten.
Es schmeckte göttlich.
»Du hast da was«, sagte Ian und seine Finger wischten über meine Mundwinkel. »Sauce.«
»Oh.« Ich griff an die Stelle, die er zuvor berührt hatte. Unsere Blicke trafen sich. »Ist es weg.«
»Nein.« Seine Augen fixierten mich.
Ich ließ den Burger in den Schoß sinken, streckte die Hand nach der Sonnenblende aus, um mein Gesicht zu begutachten, aber es war zu dunkel im Wagen.
Mist.
Ian griff nach meiner Hand. »Ich machs weg, okay? Schließ die Augen.«
»O-okay.«
Plötzlich war sein Gesicht dicht vor meinem, und ich zwang mich, die Augen fest zusammenzupressen. Und dann ... spürte ich erst seinen Finger in meinem Gesicht, dann seine Lippen an meinen.
Er küsste mich.
Ian Corey küsste mich.
Ich stöhnte leise auf, als seine Zunge meine Lippen teilte und in meinen Mund glitt. Seine Hand legte sich an meinen Hinterkopf, während er mich auf eine Art küsste, wie ich bisher noch nie - von niemanden - je geküsst worden war.
Der Burger rutschte von meinem Schoß, hinein in den Fußraum, als er mich über die Mittelkonsole hinweg dichter an sich zog. Ich war mir sicher, dass mein Lippenstift verschmierte und dass ich nach Zwiebeln und Burgern und Knoblauch schmeckte, doch es schien ihn nicht zu kümmern.
Im Gegenteil.
Seine Küsse wurden leidenschaftlicher. Wilder. Fester.
Schon in den letzten Wochen hatte Ian mich immer mal wieder zufällig berührt. Er hatte auf meine Lippen gestarrt, wenn niemand hinsah. Mir zugezwinkert. Mir zugeraunt, wie schön ich war.
Aber das hier ... das war so viel mehr, als ich mir in meinen Träumen hätte wünschen können.
»Das wollte ich schon tun, seit du in dem Kleid die Treppe runterkamst«, sagte er, als er sich nach einer Ewigkeit von mir löste. Seine Augen glitten von meinen Lippen hinab bis zu meinem Ausschnitt.
»Wirklich?« Meine Stimme war mehr ein Krächzen.
»Nein, das war gelogen, denn eigentlich–«, er legte seine Hand an meine Wange, strich eine verirrte Haarsträhne zurück, »– will ich das schon seit einer Ewigkeit tun.«
Ich glaubte, dass mein Herz aussetzte. Dass es zerspringen würde, in tausendeinhundert Millionen Teile.
»Und weißt du, was ich noch tun will?«, fragte er weiter. »Dich berühren.«
Oh mein Gott.
Er drehte den Zündschlüssel. Der Motor sprang an. »Aber das heben wir uns für ein anderes Mal auf, denn sonst kommen wir nicht pünktlich nach Hause.«
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Drei Tage später kam ich gerade aus dem Badezimmer, als Ian vor mir auftauchte.
Mit diesem Lächeln auf den Lippen, bei dem mir ganz schwindelig wurde. »Alle sind ausgeflogen, weißt du das?«
Als ich nickte, kam er näher. Schob mich gegen die Wand und küsste mich. »Und das hier, das stell ich mir schon seit Tagen vor«, raunte er an meinem Ohr, während seine Lippen zärtlich über meine Wange strichen.
Ich erschauderte.
»Lass uns in mein Zimmer gehen«, raunte er. »Da sind wir ... allein.«
»O-okay.«
Wie selbstverständlich griff er meine Hand, verwebte sie mit seiner und zog mich mit sich.
Drei Schritte.
Sechs.
Zehn.
Dann fiel seine Zimmertür hinter uns zu. Wir fielen auf sein Bett.
Ohne Zögern vergrub Ian seine Hände in meinem Haar, dann begann er, mich auszuziehen. Ich wusste nicht, ob ich das wollte. Ob ich bereit dazu war, das hier zu tun. Immerhin war ich ... noch Jungfrau. Ich hatte bisher mit keinem Mann geschlafen. Ich hatte zwei Jungen geküsst, ja. Ich hatte mit ihnen rumgemacht, aber das hier, das fühlte sich anders an.
»Ian«, flüsterte ich, »Ich habe noch nie …«
»Oh, ich weiß, Baby«, raunte er, als er sich nackt auf mich legte, »Entspann dich einfach, es wird dir gefallen.«